Montag, 26. April 2010

Doch nicht drüber nachdenken

Es war eine Nacht, die begann wie jede andere in seinem Leben. Wochenende endlich Party, endlich High sein, dass waren die ersten Gedanken, als er nachmittags aufstand. Kurz ins Badezimmer und dann zum Kiosk an der Ecke. Geld zusammen suchen für ein paar Bier, es war nicht viel, was einem dieses Leben gab. Drei Kölsch für mehr reichte es nicht und der Monat war noch lange nicht vorbei, woher Geld bekommen, wenn man keine Arbeit hat?

Aber warum sich mit Fragen beschäftigen, die keine Antwort bergen, Fragen die einem die Tristess des Alltags vor Augen führen, warum nicht trinken und feiern bis es nicht mehr geht? Weitergehen zu den Jungs am Spielplatz, erzählen über Geschichten. Geschichten aus dem Leben, Geschichten aus der Gegend. Trauer zeigt man nicht, Liebe kennt man nicht, Gefühle ein Fremdwort. In seiner Welt, eine Welt die ihn nicht mit Liebe aufnahm. Doch nicht darüber nachdenken und erst nicht reden. Er muss der coolste sein, wenn er sie erzählt, die Geschichte von den Mädchen, mit denen er spielt. Die Geschichte die er so gerne leben würde, und noch mehr diese eine Geschichte, die ihm einen Weg zeigt, einen Weg - egal wohin er führt, nur weg, weg von der Einsamkeit. Doch diesen Teil wird er nie erwähnen, denn es zählt keine Liebe, nur Sex. Er hat sie immer gesucht in seinem Leben, nie gefunden. Jedes Mädchen ist in seinen Augen ein Objekt, Sexfantasie, kein Mensch mit Gefühlen. Wie soll er sie dann lieben? Schon wieder diese Liebe.
Doch nicht drüber nachdenken und erst recht nicht reden. Seine Jungs lauschen seinen Geschichten von Party und Frauen. Seine Geschichten, die scheinen wie aus einer anderen Welt, einer anderen Welt, die weit weg ist von dem was sie sehen. Weg von der Perspektivlosigkeit, die sie kennen, die sie spüren und die ihre Herzen erblinden lässt. Auch sie erzählen von Partys, von Autos, von Frauen. Doch am Ende wissen sie, genau wie er, es ist nur Fantasie. Keiner von ihnen konnte sich auch nur im Traum leisten, wovon sie erzählten. Woher denn auch? Wenn Geld Geschichte schreibt, so ist ihre Geschichte sehr kurz. Sie sahen sich an, Handy Mucke angemacht und ein Bierchen auf. Der Tag sollte doch nur vorbei gehen, vorbei gehen, damit ein neuer vielleicht schönerer Tag beginnt. Einer mit Freude, einer mit Liebe, doch es war nur Fantasie - jeder wusste es. Sie sahen sich an, sie lachten, lachten über die Mädchen die sie verarschten. Sie erzählten weiter von Partys, von Frauen, was blieb ihnen denn sonst?
Der Gedanke an Liebe ? Hier zählt er nicht. Und er sieht sie an - seine Jungs. Sie zeigen die Freude mit ihrem Lachen, doch ihre Augen, sie leuchten nicht mehr. Handy Mucke lauter und das nächste Bier, die Gedanken schweifen weit weg, überallhin bloß nicht dort sein. Überall ist es besser, denn sie reden nicht mehr, nicht mehr über die Schönheit der Liebe. Doch eigentlich ist es nur dieser eine Gedanke, der ihn am Leben hält, der Gedanke an Liebe und Geborgenheit. Doch nicht drüber nachdenken und erst recht nicht sprechen, denn hier zählt sie nicht und woanders wird er nie sein. Geboren um zu leben, doch gelebt hat er nicht. Und so bleibt ihm nur der Gedanke, den er nicht teilen kann, mit niemandem, denn er ist allein. Allein auf dem Spielplatz und allein auf der Welt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen